MM: Sehr geehrte Schwester Ala Mahmud, wie
war es für Sie als junges Mädchen ihre Heimat zu verlassen und nach
Deutschland zu kommen?
Mahmud: Es war sehr schwer für mich meine
Heimat zu verlassen, wo ich aufgewachsen bin und zur Schule gegangen bin. Ich hatte dort meine Freunde und meine Verwandten , meine ganze Familie (
Tanten und Onkel usw.); alle musste ich leider verlassen. Gott sei Dank, ich war zu
klein und konnte alles schnell verarbeiten. Aber trotzdem, es war sehr schwer all das
aufzugeben und in ein Land zu kommen, in dem ich nicht einmal die Sprache kenne
oder die Kultur und Bräuche. Es war letztendlich für mich wie eine neue Geburt
mit neuer Sprache,
neuer Schrift (na ja, ich hatte immer von recht nach links geschrieben und
jetzt musste ich von links nach rechts schreiben), neuer Kultur, neuen
Mitschülern und vieles andere Neue mehr. Ich danke Gott für diese Erfahrung,
denn Dankbarkeit brachte meine Familie immer weiter.
MM: Wie kamen Sie auf die Idee, eine
Mädchengruppe verantwortlich zu begleiten?
Mahmud: Es gab bei uns in Hannover keine
schiitische Mädchengruppe, die sich regelmäßig trifft, ich kannte viele
Mädchengruppen (aber nicht schiitische), und ich wollte in einer Gruppe
sein, in der es vor allem um die Ahl-ul-Bait, also die 14 Reinen des
Prophetenhauses geht, deshalb habe ich mich entschlossen eine
Mädchengruppe zu gründen.
Es hat nicht lange gedauert, bis wir uns regelmäßig
getroffen haben und ein ausführlichen Programm hatten, mit Qur'an und Tafsir
(Interpretationen des Heiligen Qur'an) und Vortrag (Haupt- und Nebenvortrag) mit Pausen und
jeden Monat haben wir auch etwas außerhalb der Sitzung unternommen (z.B.
Ausflüge und Vieles mehr).
MM: Wie setzt sich Ihre Mädchengruppe in
Hannover zusammen?
Mahmud: Wir sind eine echte Mulitikulti-Gruppe,
ein Mischmasch aus verschieden Kulturen und Ländern: Irak, Türkei, Libanon,
Afghanistan, Iran, Aserbaidschan. Was uns verbindet ist der Islam. Gemeinsam
verständigen wir uns in der Sprache des Landes, also Deutsch.
MM: Was sind die Inhalte Ihrer Arbeit?
Mahmud: Das ist sehr unterschiedlich. Die ersten zwei Jahre
haben wir viele Themen behandelt wie z.B. hauptsächlich Ahl-ul-Bait und die
Kenntnis ihrer Lebensläufe. Jetzt
haben wir unser Programm erweitert und in drei Blöcke aufgeteilt:
- Muslim sein in der westlichen Gesellschaft
- Ahl-ul-Bait (in Qur'an, Hadith)
- Tag der Auferstehung
mit viele Unterthemen und nebenbei Vorträgen. Wir
werden Inschaallah (so Gott will) viele Aktivitäten machen, wie Ausflüge, gemeinsam
Grillen, Städte besichtigen andere Mädchengruppen besuchen usw.
MM: Wie kommen die jungen
Schwestern mit der Tatsache zurecht, ein Hidschab in einer westlichen
Gesellschaft zu tragen?
Mahmud: Wir kommen
Alhamdullillah (Gott sei Dank) ganz gut mit unser Hidschab zurecht, denn wir
können mit unser Hidschab zur Schule gehen, studieren und arbeiten. Nur die
verbreiteten Vorurteile über das Hidschab stören uns sehr, denn wir alle
tragen den Hidschab um Gottes Zufriedenheit zu erlangen und keine von uns
wird in irgendeiner Weise gezwungen, den Hidschab zu tragen. Alle haben es
freiwillig angelegt. Und keine von uns versucht ihre Glatze oder irgendetwas
anderes unter dem Hidschab zu verstecken. Wir fühlen uns wohl damit. Wir
versuchen immer wieder unseren Mitmenschen klar zu machen, dass wir frei
waren und sind, als wir uns für den Hidschab entschieden haben und kein
Vater oder Bruder war hinter uns her, um es uns aufzuzwingen! Wir halten an
unserem Hidschab fest, genau wie an den Gebeten und anderen Gottesgeboten.
Das alles tun wir für Allah allein.
Manche von uns versuchen immer neue Farben und
Muster zu tragen, um den Leute zu zeigen, dass auch Hidschabträgerinnen
Modebewusst sein können, die tun es aber eben auf ihre Art und Weise. Und
unsere Schönheiten sind ohnehin unter dem Hidschab, da sollen andere ruhig
neugierig sein. Wir zeigen es nur innerhalb der Familie.
MM: Was möchten sie Ihren
gleichaltrigen Geschwistern in Deutschland sagen, jetzt haben Sie
Gelegenheit dazu?
Mahmud: Ich habe ihnen
viel zu sagen, aber ich versuche mich kurz zufassen:
Meine lieben Schwestern, ich bin auch eine Muslima,
die mal zur Schule gegangen ist und weiß, welche Vorurteile und Probleme auf
Schülerinnen die Hidschab tragen zukommen, auch auf Muslime, die nicht zur
Schule gehen. Ich will dir sagen, halt dich an Allahs Seil fest, dann wird
alles gut.
Als ich neu nach Deutschland kam, war ich allein,
Gott sei Dank hatte ich meine Familie, die mich immer gestärkt hat und die
mir immer gesagt hat, ich soll mich auf Gott verlassen, denn Er wird mir
schon helfen. Ich habe mich immer an Gott gewandt und ihm um Rat gebeten.
Und Er hat mir geholfen, denn innerhalb von nur drei Monaten konnte ich
Deutsch verstehen und einigermaßen auch sprechen. Mir hat aber immer eine
muslimische Freundin gefehlt, mit der ich auch einmal meine Religion stärken
und gemeinsam Spaß haben konnte. Gott hat mir auch hier sehr geholfen, als
ich in die 11. Klasse kam, lernte ich wunderbare Schwestern kennen, mit
denen ich durch dick und dünn gegangen bin. Mit der Zeit lernte ich mehr
wunderbare Schwestern, die mir sehr geholfen haben, nicht aufzugeben und
immer Gott vor Augen zu haben. Mein Rat an dich, liebe Schwester, such dir
auch einmal Freundinnen, mit denen du Qur'an lernen und Spaß haben kannst.
Wie das geht ist ganz einfach, verlass dich auf Gott und Er wird dir die
richtigen Freundinnen geben. Man muss aber auch von sich aus anfangen und
nicht nur warten und bitten. Besuch Mädchengruppen, geh zum Freitagsgebet,
ruf alte muslimische Freundinnen an und frisch deine Freundschaft mit ihr
auf.
Lasst euch von Vorurteilen nicht leiten, verstärkt
euren Iman (Glaubensüberzeugung). Sei aktiv in der Gesellschaft, z.B. haltet
eure Schule und Umgebung sauber, denn glaub mir, jeder sieht in dir den
Islam.
MM: Sehr geehrte Schwester
Ala Mahmud, wir danken für das Interview.
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