MM: Sehr geehrter Herr Reinert. Die
Initiatoren von alternativen Geld- bzw. Zahlungsmittel gehen davon aus, dass
das bestehende Weltwirtschaftssystem schon bald zusammenbrechen wird. Was
macht Sie da so sicher?
Reinert: Da ich kein Hellseher bin, ist
"bald" ein dehnbarer Begriff. Diejenigen, die um die Verfasstheit unseres
Geldsystems bemüht sind wie die FED, die Weltbank, der internationale
Währungsfond und andere miteinander personell verflochtene Institutionen
bemühten sich bislang, den Crash mit den ihnen zur Verfügung stehenden
Mitteln zu verzögern. Wirtschaftswissenschaftler sind sich jedoch einig,
dass unsere Wirtschaftssysteme in Abständen von 60 bis 100 Jahren immer
zusammengebrochen sind. Die Zusammenbrüche sind eine historische Tatsache,
nur um deren Ursachen wird fleißig gestritten.
Die Erscheinungen unserer heutigen Zeit, wie
sinkende Kaufkraft der Arbeitenden (bei gleichzeitiger explosionsartiger
Vermögensvermehrung der Besitzenden), Hartz IV, die finanziell begründeten
Unruhen in Frankreich, eine Staatsverschuldung aller Staaten, die
systembedingt niemand in den Griff bekommen werden wird, sind allerdings
ernsthafte Anzeichen, dass unser Geldsystem wieder einmal seine letzte Runde
einläutet.
Die durchsichtigen Versuche, bestimmte Minderheiten
in unserer Bevölkerung wieder einmal für systembedingte finanzielle Miseren
verantwortlich zu machen, werden diesmal hoffentlich nicht fruchten.
MM: Könnte es nicht sein, dass das
Währungssystem immer wieder zu lokalen Krisen und Kriegen führt, aber
letztendlich bestehen bleibt? Sind die Kräfte hinter dem bestehenden System
denn nicht stärker, als die Kräfte, die nach alternativen Systemen rufen?
Reinert: Gott hat uns mit einem freien
Willen ausgestattet. Es ist also an uns, welche Kräfte wir durch unser
Handeln (oder durch unser Nicht-Wissen-Wollen) stärken. Und das bedeutet,
dass wir durchaus in der Lage sind, nach einer Krise, Crash oder Krieg
erneut das alte Geldsystem zu etablieren. Vielleicht heißt es dann
Gold-Euro, Terra oder Globo. Ich persönlich bin da aber optimistisch, dass
unser herrschendes Geldsystem diesmal durchschaut werden wird. Selbst die
seriöse, ehrwürdige Wochenzeitung DIE ZEIT hat unser altes Geld als
Kettenbrief erkannt. (http://www.artfond.de/kettenbrief.htm)
MM: Nun gibt es ja bereits an einigen Orten
so genannte Regionalgelder. Worin unterschiedet sich das von Ihnen mit
initiierte Rheingold-System von den anderen Systemen?
Reinert: Die inzwischen auf über 70
angewachsenen Regionalgeld-Initiativen zeigen, dass viele Menschen
unzufrieden mit dem alten Euro sind und Lösungen suchen und finden.
Rheingold ist wie die Hansemark in Hamburg, der
Justus in Giessen und der Stollberger in Chemnitz ein Medium, mit dem man
kaufen und verkaufen kann. Das besondere am Rheingold ist die Tatsache, dass
wir konkurrenzlos preiswert sind für diejenigen, die Rheingold verwenden.
Denn wir kosten keinen einzigen Euro und schonen so den Geldbeutel der
Gewerbetreibenden.
Wir sind außerdem ohne alle Risiken. Wir statten
die Leistungsträger mit ausreichend Rheingold aus. Jeder Händler, Produzent
und Freiberufler kann sich mit Rheingold ausstatten lassen. Denn sie sind
von Anfang an dessen Rheingold, gedeckt durch die Leistungskraft des
einzelnen Rheingolder. Wir sind ein Leistungsgold. Mit diesen Rheingold geht
der Rheingolder einkaufen und kann sich sicher sein, dass diese Rheingold
bald wieder zurückkommen, um bei ihm etwas einzukaufen. So kurbelt man die
Wirtschaft an und schafft Wohlstand. Wer sich also für steigende Umsätze und
Wohlstand für sich und seinen Betrieb interessiert, wird rheingoldschlau
Rheingold zumindest unverbindlich ausprobieren.
Denn Rheingold macht Spaß und ist einen Versuch
wert.
MM: Nun, die Behauptung, dass Sie "keinen
einzigen EURO kosten" ist zumindest eine Interpretationsfrage, denn
schließlich wollen Sie nach unsern Informationen ca. 10% der ausgegebenen
Rheingölder in der Hand des Herausgebers bzw. Druckers sammeln. Führt das
nicht bereits zu Anfang zu einer sehr hohen Konzentration von Kapital in der
Hand weniger?
Reinert: Wir kosten tatsächlich keinen Euro,
da wir lieber in Rheingold abrechnen. Rheingold ist kein Kapital, das sich
konzentriert und gesammelt wird. Wir haben einen mutigen Drucker, der an
Rheingold glaubt. Dieser erhält jetzt schöne Rheingold statt doofer Euros
für seine Leistung. Und was macht der Drucker? Er wird seine eingenommenen
Rheingold direkt ausgeben.
Der Papiergroßhändler in Schweden wird Rheingold
leider noch nicht akzeptieren, seinen Strom kann er auch nicht in Rheingold
bezahlen, wenn sein örtlicher und ehemals kommunaler Stromkonzern nun einem
Hedgefond wie Cerberus, Luzifer oder Blackstone mit Steuersitz auf den
Cayman-Inseln gehört. Also wird er vielleicht eine Anzeige im Muslim-Markt
schalten oder im libanesischen Restaurant mit seiner Frau großzügig essen
gehen. Die Rheingolds können sich konstruktionsbedingt nicht konzentrieren,
sondern füllen stattdessen die Auftragsbücher der Rheingolder.
MM: Rheingold ist ja - wenn wir es richtig
verstehen - eigentlich eine Art genormter Schuldschein mit Verfallsdatum,
wozu das Verfallsdatum und was macht jemand, der ein Rheingold erhält,
welcher kurz vor dem Verfall ist? Stellt das nicht eine
Konstruktionsschwäche des Systems dar, wenn ein Rheingold mit dem gleichen
Nennwert dennoch unterschiedlich "wert" sind, weil der eine länger gültig
ist? Sie kaufen doch auch lieber die Milch mit dem späteren Verfallsdatum.
Reinert: Mit Verlaub: nicht richtig. Er ist
kein Schuldschein, sondern ein Gutschein, er ist kein Rheingold mit einem
Verfallsdatum, sondern mit einem Ausgabeanreiz. Rheingold verliert zwar
irgendwann seine Gültigkeit, nicht jedoch seinen Wert.
Klar, kauft jeder lieber die Milch mit längerer
Haltbarkeit. Und das hat bislang jeder Kaufmann überlebt. Mit anderen
Worten: Das Beispiel der Milch ist gut gewählt. Unser Ausgabeanreiz geht wie
bei der Milch im Rauschen des Kaufens und Verkaufens unter.
MM: Heißt das, dass Leute, die mehr Leistung
in das System hineintragen als herausziehen wollen (also die
Leistungsträger) hier falsch sind, da sie ja nichts sparen können?
Reinert: Rheingold ist in der Tat kein Gold,
mit dem man spart, denn sparen bedeutet immer, Kaufkraft dem Markt zu
entziehen. Und klar doch, kann man auch mit Rheingold sparen, jedoch nur
kaufkrafterhaltend. Zum Beispiel, indem man wertbeständige Sachwerte mit
Rheingold kauft oder indem man sein Rheingold verleiht. Dann bleibt die
Kaufkraft dem Markt erhalten. Das kann man privat tun oder institutionell.
Banken werden gerne Rheingold verleihen, weil sie damit verdienen können.
MM: Wer garantiert eigentlich dafür, dass
ich mein Rheingold irgendwo einlösen kann und an wen wende ich mich, wenn
ich niemanden finde, der mir mein Rheingold als Zahlungsmittel akzeptiert?
Reinert: Wir Rheingolder garantieren alle
dafür. Jeder, der Rheingold-Gutscheine in die Welt setzt, freut sich
darüber, dass jemand vorbeikommt und ihm Rheingold-Aufträge gibt. Denn das
lässt die Kasse klingeln. Auch der Muslim-Markt, falls er z.B.
Muslim-Markt-Rheingold-Gutscheine herausgibt, freut sich, wenn diese (und
andere) Rheingold-Scheine wieder den Weg zu ihm zurückfinden und die
Auftragsbücher füllen. So geht es ja jedem der Rheingolder.
MM: Wenn alle gleichermaßen verantwortlich
sind, besteht dann nicht die Gefahr, dass niemand zuständig ist?
Reinert: Vor dieser Gefahr ist Rheingold
geschützt. Denn Rheingold verwaltet sich selbst. Selbstorganisierende
Systeme sind in der Natur wesentlich störunanfälliger als Systeme, die von
oben dekrediert werden. Das finden beispielsweise Neurobiologen heraus, die
über Rheingold geschrieben haben, siehe http://www.artfond.de/heise.htm
.
MM: Wer garantiert, dass es zu keinem
Missbrauch kommt, z.B. dass niemand von sich aus "Falschgeld" in Umlauf
bringt? Beim "echten" Geld ist der Nachdruck eine schwere Straftat mit
Gefängnisstrafe, wie aber wäre es bei Rheingold?
Reinert: Rheingold zu fälschen ist auch
strafbar. Und glücklicherweise sind die Geldfälscher nicht auf den Kopf
gefallen. Die sind nämlich auch schlau. Sie werden also lieber US-Dollar
oder Euros fälschen, die sie überall absetzen können, in der Ukraine oder
der Südspitze Portugals.
Außerdem sind unsere Rheingold-Gutscheine anders
als das alte Eurogeld wesentlich schwerer zu fälschen. Jeder
Rheingold-Schein hat ein individuelles Ablaufdatum, eine individuelle
Rückseite und einen individuellen Emittenten. Euros hingegen sehen alle
gleich aus.
MM: Und wer verwaltet das alles, und was
bekommt er für diese Verwaltung?
Reinert: Die Verwaltung ist ja, Gott sei Dank,
sehr einfach und wird durch die Einnahmen aus dem Ausgabeanreiz bestritten.
Ehrenamtliches Engagement ist bei den Organisatoren anfangs nötig. Ziel ist,
dass sich Rheingold mit schlanker Verwaltung einmal selber tragen wird.
MM: Reicht für solch ein umfangreiches und
weitreichendes und zudem überregionales System, dass immerhin unser
Geldsystem ersetzen will, die Initiative einiger weniger?
Reinert: Wir sind nicht einige wenige,
sondern bereits viele. Und alle Rheingolder werden im ureigensten
Selbstinteresse bestrebt sein, andere dafür zu gewinnen, die eigenen
wertvollen und leistungsgedeckten Rheingold zu akzeptieren. Denn eine
Teilhabe am Rheingold bringt ja nur Vorteile. Und wir wollen den Euro nicht
ersetzen. Es ist zwar eine allgemein bekannte Tatsache, dass den Euro
niemand lieb hat, oft wird er als Teuro geschmäht. Wir hingegen wünschen dem
alten Euro für sein Fortkommen alles erdenklich Gute und verwenden
Rheingold.
MM: Haben Sie auch entschiedene Gegner Ihres
Projektes?
Reinert: Witzigerweise manchmal verschulte
Volkswirtschaftler und ausgebildete Betriebswirtschaftler. Die hängen so an
den alten Ideologien, dass in deren Hirn kein Platz ist für neue Ideen, die
Probleme lösen. Das ist schon schade, aber nicht mehr relevant, wenn
Rheingold in der Praxis verwendet wird. Mit Vergnügen werde ich persönlich
einen diplomierten Betriebswirt dabei begleiten, wie er mit seinen Rheingold
ein leckeres Eis einkaufen geht und sinnlich erlebt, wie schön Rheingold
schmecken kann.
MM: Wann soll das Projekt denn starten?
Reinert: Rheingold startet Anfang 2006
durch. Über unsere Webseite wird der genaue Termin noch bekannt gegeben. Wer
die Vorteile des Rheingolds nutzen möchte, wird einfach beim Rheingold
anrufen (01577 6307613).
MM: Herr Reinert, wir danken für das
Interview.
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