Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Dr. Gabi Weber
 

Muslim-Markt interviewt
Dr. Gabi Weber - Mitbegründerin des Freiburger Cafe Palestine e.V.
12.1.2012

Dr. Gabi Weber wurde im Mai 1962 in Gengenbach geboren. Nach dem Abitur 1981 ging sie zuerst als Au-Pair-Mädchen nach Kanada und absolvierte danach an der Universität von Nancy (Frankreich) zwei Sprachkurse, die ihr die Möglichkeit eröffneten, im 2. Jahr Französisch als Studienfach zu wählen. Ab dem Wintersemester 1982 studierte sie Medizin an der Albert-Ludwigsuniversität Freiburg. Das Praktische Jahr absolvierte sie in Lausanne, Locarno und Frankfurt.

Nach dem 3. Staatsexamen arbeitete sie zuerst als "Ärztin im Praktikum" dann als Assistenzärztin in der Chirurgie und Anästhesie des St. Josefskrankenhauses in Offenburg. Nach fünf Jahren Kinderpause war sie acht Jahre Geschäftsführerin im elterlichen Betrieb. Im Jahr 2005 kehrte sie zurück in die Medizin und arbeitet seitdem Vollzeit in einer orthopädischen Rehabilitiationsklinik in der Nähe von Freiburg.

Durch die Heirat mit ihrem palästinensischen Ehemann im Jahr 1989 erhielt sie tiefe Einblicke in den Nahostkonflikt. Die Besuche in Gaza prägten ihr Leben nachhaltig und führten zu den Aktivitäten (Internetverteiler, Freiburger Cafe Palestine), die den Muslim-Markt aufmerksam gemacht und zu diesem Interview geführt haben.

Fr. Dr. Weber ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt im Großraum Freiburg.

MM: Sehr geehrte Frau Dr. Weber. Was hat Sie zu Ihren Aktivitäten bezüglich Palästina geführt? Schließlich sind Sie seit 1989 mit einem Palästinenser verheiratet aber erst seit wenigen Jahren haben wir von Ihnen gehört?

Dr. Gabi Weber: In den ersten Jahren meiner Ehe war ich - neben Familie und Haushalt - damit beschäftigt, mich mit der "fremden Welt", dem Islam, all den in unserer "Zivilisation" verbreiteten Vorurteilen gegen Araber im Allgemeinen, Palästina und Islam im Besonderen auseinander zu setzen. Mein Bild von Palästinensern und Muslimen war geprägt von Worten wie Terroristen, Rache, Attentate, bombende Fanatiker, verschleierte, unterdrückte Frauen. Wir bekamen durch die Erziehung in der Schule und durch die mediale Berichterstattung das unglaublich gut funktionierende Schwarz-Weiß-Klischee vom "guten Israeli" und "bösen Palästinenser" geliefert, das eigentlich alle Menschen um mich herum vorbehaltlos akzeptierten.

Anfangs habe ich die Dinge, die mein Mann mir über sein Land erzählt hat, die ich dann bei den Besuchen in Gaza auch selbst erlebt habe, immer noch stark hinterfragt, da das falsche "Wissen" bezüglich der "einzigen Demokratie im Nahen Osten" tief saß. Die Vorstellungen, dass die Israelis die Wüste in Palästina zum Blühen gebracht haben, dass die Palästinenser keinen Frieden wollen, dass sie einfach unschuldige Menschen in den Tod bomben, dass sie dumm und faul sind, waren der Wahrheit nur schwer zugänglich. Niemand erzählte uns etwas vom Unrecht, das seit mehr als 60 Jahren an den Palästinensern begangen wurde. Ich habe jedes Ereignis, das in den Medien Israel-freundlich dargestellt wurde, ohne zu Hinterfragen hingenommen, die arabische Berichterstattung anfangs jedoch angezweifelt.

MM: Und wie kam es zum Umdenken?

Dr. Gabi Weber: Im Laufe der Zeit erkannte ich durch die einseitige Berichterstattung in unseren Medien und durch die eigenen Erlebnisse, wie groß die Fehlinformation ist und wie sehr wir manipuliert sind. Ich begann mich zu fragen, wie es möglich ist, dass ich so lange gebraucht habe, zu erkennen, wie undifferenziert unser Bild ist, das wir von Palästina, Israel, den "Arabern" im Allgemeinen, der nahöstlichen Kultur, der Religion des Islam und vielen anderen Dingen haben. Ich war früher kein politischer Mensch, sondern habe mich für karitative Dinge interessiert und eingesetzt. Bis heute war ich nie Mitlied einer Partei und werde es auch niemals sein. Ich empfinde Politik als ein schmutziges Geschäft, in dem es nicht um uns Menschen, um die Bürger, sondern um Macht, Ressourcen und Geld geht. Diese "Definition" mag vielleicht zu simpel sein, doch entspricht sie meinem eigenen, subjektiven Empfinden. Dennoch habe ich mich zu einem politisch denkenden Menschen entwickelt - glücklicherweise.

Die Besuche in Gaza, die vielen schrecklichen Übergriffe durch den israelischen Staat und seine unmenschliche Kriegsmaschinerie, über die meist nur sehr einseitig berichtet wurde, die Doppelmoral der Politik und der Medien, aber auch die vielen Aggressionskriege der USA und deren Gehilfen, das unglaubliche Unrecht, das wir alle durch unser Schweigen zulassen, haben bei mir bewirkt, dass ich zu Beginn des Jahres 2009 (zum Zeitpunkt der israelischen Militäroffensive "Gegossenes Blei") begann, Informationen zu diesen Konflikten zu suchen und zu verbreiten. Ich glaube, dass "Cast Lead" (Operation Gegossenes Blei) für mein persönliches Unrechtsempfinden das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Es war das Ereignis, das mich dazu bewogen hat, in die Öffentlichkeit zu treten, meine Scheu und Bedenken, mich eventuell zu weit aus dem Fenster zu lehnen, zu überwinden und zu versuchen, zumindest einen kleinen Beitrag gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit zu leisten.

Ich kann nicht erklären, warum ich zuvor nie über diese Möglichkeit nachgedacht habe. Vielleicht traut man sich nicht, da man kein "Spezialist" ist, da es so Viele gibt, die das viel besser können oder weil einfach immer noch nicht genug Unrecht geschehen war, bis die eigene Schmerzgrenze überschritten war.

MM: Wie sieht Ihr Einsatz für Frieden in Palästina aus?

Dr. Gabi Weber: Meine Arbeit für Palästina teilt sich in zwei große Bereiche: seit Januar 2009 führe ich Internetrecherchen durch, verbreite Informationen über einen Email-Verteiler,  der ständig erweitert wird. Durch den Aufbau des Netzwerkes ergaben sich Kontakte zu sehr vielen Organisationen und Menschen weltweit, die sich für die Lösung des Nahostkonfliktes einsetzen. Nur dadurch wurde der nächste Schritt, die Gründung des Cafe Palestine Freiburg, möglich.

Im Januar 2010, nachdem ich bei der Eröffnungsveranstaltung des Cafe Palestine in Zürich teilgenommen hatte, ließ mich der Gedanke nicht los, etwas Ähnliches in Freiburg zu versuchen. Glücklicherweise zog meine Freundin, Annie Sauerland, gerade nach Freiburg und war sofort von der Idee des Cafes begeistert. Im Mai 2010 fand dann unser erstes Cafe Palestine statt: Annie und ich referierten über Kinder in Gaza.

Seitdem findet monatlich mindestens einmal eine Veranstaltung statt: Vorträge, Lesungen, Konzerte, Ausstellungen, Tanztheater usw. . Im Herbst organisieren wir die "Palästinatage Freiburg", eine mehrtägige Veranstaltungsreihe. Viele renommierte Persönlichkeiten palästinensischer, israelischer, deutscher und anderer Herkunft, aus den verschiedensten Glaubensrichtungen waren bis jetzt unsere Gäste. Wir sind seit einigen Monaten ein eingetragener, gemeinnütziger Verein.

MM: Wie sind die Reaktionen auf Ihre Rundmails und Ihre Veranstaltungen?

Dr. Gabi Weber: Die Informationsarbeit, die ich mit meinen "Newslettern" leiste, kommt allgemein wirklich gut an. Ich habe einige sehr fleißige Kontakte, die mir tagtäglich interessante Links schicken. Meine Rundbriefe  beinhalten zu verschiedenen Themen, die ich als interessant und wichtig erachte (natürlich subjektiv) eine Zusammenstellung  von Artikeln, Filmen, Reporten und mehr. Dies sind zum einen Materialien von meinen Kontakten, zum anderen Informationen, die ich selbst bei meiner Recherche finde. Viele Artikel stammen zum Beispiel von israelischen regierungskritischen Journalisten, Friedensgruppen usw. Da ich nicht jede Woche einen Newsletter verschicke, enthalten sie dann aber umso mehr Links. Der Gedanke dabei ist, dass Jede/Jeder sich das heraus sucht, was sie/ihn interessiert. Ab und zu werde ich angeschrieben und gebeten, die Adresse aus der Liste heraus zu nehmen, da die Menge an Informationen für manche nicht zu bewältigen ist.

Ich bekomme viele positive Rückmeldungen und weiß, dass sowohl Politiker als auch Organisationen, Lehrer usw. mit meinen Materialien arbeiten. Das freut mich natürlich sehr. Im September 2010  gab es allerdings eine sehr unschöne Reaktion auf meine Berichte aus Gaza. Ein Professor der katholischen Theologie, hat sich unmöglich über mein Geschriebenes geäußert. Ich hatte die Mail mit den Worten "Liebe Alle" begonnen und der Professor schrieb dann, in Unwissenheit über die Größe meines Verteilers, dass ich seine Antwort gerne an "Alle" weiter leiten könne. Dies habe ich mit großem Vergnügen getan - die Reaktion auf seine unqualifizierten Worte war enorm. Er hat sich ziemlich viel Ärger damit eingehandelt. Nachzulesen ist diese Begebenheit beim Palästina-Portal.

MM: Wen versuchen Sie mit dem Cafe Palestine zu erreichen?

Dr. Gabi Weber: Das Cafe Palestine Freiburg wendet sich vor allem an die Menschen vor Ort, die sich für das Thema interessieren. Auch hier ist es so, dass ganz unterschiedliche Interessen bestehen und wir uns bemühen, so viele Personen wie möglich anzusprechen. Wir haben regelmäßig ca. 70 Zuhörer bei unseren Veranstaltungen. Manchmal sind es weniger, aber es gab auch schon mehrere Male mehr als 100 Zuschauer. Das hängt immer vom Thema, dem Datum und anderen Umständen ab. Die Reaktionen auf die Veranstaltungen sind überwiegend positiv, doch gibt es natürlich auch in Freiburg Gruppen, denen wir ein Dorn im Auge sind. Ausdrücke wie "die Antisemiten vom Cafe Palestine" sowie Gegenaktionen zu unseren Aktivitäten finden sich regelmäßig.

Im Rahmen der Palästina-Tage 2010 hatten wir von der Stadtbibliothek Freiburg die offizielle Genehmigung, die Nakba-Ausstellung zwei Wochen lang zu zeigen. Da mir bewusst war, dass es eventuell Gegenreaktionen geben würde, haben wir die Werbung für die Ausstellung erst dann begonnen, als die Programme der Bibliothek gedruckt waren. Und prompt kam die Maschinerie der Israellobby ins Rollen. Neun Tage vor der Eröffnung verbot uns Oberbürgermeister Salomon persönlich in einem Schreiben, die Ausstellung durchzuführen. Die Begründung lautete: zu einseitig.

Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, begannen Annie und ich, per Telefonkonferenz mit zwei begabten Jurastudenten, den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen. Wir reichten ihn beim Verwaltungsgericht Freiburg ein, mussten die Begründung der Stadt abwarten, legten dann nochmals unsere Gründe dar und bekamen Recht!!! Der Skandal in Freiburg war perfekt. Die Ausstellung war die meistbesuchte, die die Stadtbibliothek jemals hatte. Ein großer Erfolg für uns und die gesamte Palästina-Solidarität.

MM: Wie gehen Sie mit der Problematik um, dass in Deutschland eine besondere Sensibilität gegenüber Israel besteht aufgrund der eigenen Geschichte?

Dr. Gabi Weber: Jahrelang hat diese uns eingetrichterte "besondere Sensibilität" dazu geführt, dass ich blind dafür war, was in Palästina geschieht. Wie schon erwähnt saß das Bild vom "guten, unschuldigen Israel" tief. Eigentlich sollten wir aus unserer Geschichte etwas gelernt haben. Doch ist dies in meinen Augen nicht der Fall. Anstatt aus den dunklen Kapiteln der deutschen Vergangenheit Lehren gezogen zu haben, schweigen wir wieder - oder immer noch - und lassen unglaubliches Unrecht geschehen. Das macht mich einerseits wirklich wütend und andererseits unsagbar traurig, da ich mich frage, wie es möglich ist, dass - in unserem Namen - tagein, tagaus mit Doppelmoral und fadenscheinigen Begründungen, Menschenrechtsverletzungen, rassistische Übergriffe und viele andere Grausamkeiten nicht nur in Palästina/Israel geschehen.

Unsere Sensibilität, das Leid anderer Menschen zu sehen, mitzufühlen, unser Verständnis von Gerechtigkeit, unser Einstehen für fundamentale, demokratische Rechte, wie das Recht auf Meinungsfreiheit (um nur ein Einziges zu nennen) sind auf ein Minimum geschrumpft. Wir sind ein Volk von bequemen, desinteressierten, egoistischen Konsumenten, das sich mit dem Versagen seiner Politiker auf allen Ebenen und der unsäglichen "deutschen Staatsräson" zufrieden gibt.

Jede Gesetzesänderung, die unsere persönlichen Freiheiten weiter einschränkt und uns zum gläsernen, allseits überwachten und kontrollierten Menschen werden lässt, wird von der Mehrheit der Bevölkerung schweigend hingenommen. Es kommt mir oft so vor, als ob wir unser Menschsein verloren haben. Blinder Gehorsam, Kuschen, Schweigen und das Verinnerlichen der durch Politik und Medien vermittelten Feindbilder scheinen weiterhin deutsche Charaktereigenschaften zu sein. Dazu kommt eine Überheblichkeit und Blindheit, was die Einschätzung "westlicher Werte", darunter vor allem des "westlichen Demokratieverständnisses", angeht. Das ist tragisch!

MM: Bei Ihren Besuchen in Gaza haben Sie regelmäßig "Briefe aus Gaza" versendet. Worauf wollten sie vor allem Aufmerksam machen?

Dr. Gabi Weber: Die Diskrepanz zwischen unserem Leben hier und dem Leben, das die Menschen in Gaza führen, hat mich schon bei meinem ersten Besuch 1994 sehr geschockt. Es ist für uns Deutsche oder andere "Westler" kaum vorstellbar, unter welchen Bedingungen die Gazaner leben. Ich wollte durch meine Berichte im September 2010 schildern, wie die Situation aktuell war, wie ich sie empfunden habe.

Gaza ist jetzt seit 1668 Tagen unter Blockade. "Operation Cast Lead" vom Dezember 2008/Januar 2009 fand in diesem Zeitraum statt. Uranhaltige Munition, Phosphorbomben und andere abscheuliche Waffen, die man im "Gaza-Laboratorium" getestet hat, haben unsägliches Leid, viele Tote, schwere Verletzungen, eine Zunahme an Krebserkrankungen, Missbildungen bei Neugeborenen usw. verursacht. Die Menschen in Gaza sind dauer-traumatisiert. Sie erholen sich kaum von einem Übergriff, schon kommt es zu neuen Attacken.

Das Leben war nie einfach dort, doch die Tatsache, diesen Ort nicht verlassen zu können, bei den häufigen israelischen Angriffen nicht fliehen zu können, nicht die Möglichkeit zu haben, sich durch Reisen (auch wenn sie noch so kurz sein mögen) zu bilden und andere Lebensformen kennen zu lernen, halte ich für wirklich tragisch. Keiner von uns kann dieses ständige Gefühl des Ausgeliefertseins und der Resignation nachempfinden. Viele Menschen haben den Glauben an eine bessere Zukunft verloren. Und trotzdem können sie immer noch lachen, das ist einfach unglaublich!

Für meine Kinder und mich waren die ständig anwesenden Drohnen, die Aufklärungsflugzeuge, die detailgetreu alles sehen können, die Apache-Hubschrauber, die die entsetzlichen "gezielten Tötungen" ausführten, eine immense Bedrohung, die zu Unsicherheit und Angst geführt haben. Meine Berichte sollten vor allem dazu dienen, Verständnis für die Menschen zu wecken, die für uns unvorstellbare "Alltagsprobleme" wie Wasserknappheit und -verschmutzung, mangelnde medizinische Versorgung und Aufklärung, häufig abgeschalteter Strom, Abwasserprobleme und vieles mehr bewältigen müssen.

Ich empfinde großen Respekt vor den Menschen in Gaza, die trotz all dieser widrigen Umstände ihre Menschenwürde nicht verloren haben.

MM: Und hatten sie keine Angst vor der Hamas und den Kopftuch tragenden Frauen?

Dr. Gabi Weber: Diese Frage kann ich persönlich mit einem klaren NEIN beantworten. Ich habe mich noch nie so sicher in Gaza gefühlt, wie bei meinem letzten Besuch im September 2010 - abgesehen von der israelischen Bedrohung von Außen. Es gab kaum Polizisten oder Soldaten in den Straßen und auch sonst habe ich keine Gewalt erlebt, allerdings konnten wir aufgrund der übergroßen Hitze tagsüber nur wenig unterwegs sein. Auch weiß ich, dass es Menschen gibt, die schlechte Erfahrungen mit entsprechenden Institutionen vor Ort gemacht haben.

Insgesamt ist die Gesellschaft in Gaza aufgrund der extrem schwierigen Lebensbedingungen eine sehr traditionelle,  sich aus der existentiellen Not heraus stark an Familie und Religion orientierende. Dies soll keinerlei Wertung darstellen, da ich finde, dass es uns, die wir in relativer "Freiheit" und überdimensionalem Wohlstand leben, nicht zusteht, eine Wertung und Verurteilung durchzuführen. Jede Gesellschaft bietet Vorteile und Nachteile. Wir sollten anfangen, uns an die eigene Nase zu fassen und dafür zu sorgen, dass wir unsere Probleme, von denen es wahrhaft mehr als genug gibt, in den Griff bekommen.

Vor Kopftuch tragenden Frauen hatte ich noch nie Angst und ich weigere mich standhaft, solche Klischees, die sich an Äußerlichkeiten festmachen, weiter zu verbreiten. Ich weiß, dass sehr viele Musliminnen, ob mit oder ohne Kopftuch, sehr emanzipiert sind und dem hier verbreiteten Bild der unterdrückten Frau in keiner Weise entsprechen. Es wäre schön, wenn dies unsere sogenannten "Frauenrechtlerinnen" und "Islamspezialisten" endlich wahrnehmen würden, damit sie zu einem echten Dialog beitragen und helfen, Vorurteile abzubauen. Religionsfreiheit und die freie Entscheidung für die eigene Weltanschauung stellen in meinen Augen fundamentale Menschenrechte dar. Damit verbunden ist auch die persönliche Wahl, sich äußerlich zu seiner Religion bzw. Lebensweise zu bekennen. Ich lehne prinzipiell alle durch Ideologien, Gesetze oder Strafandrohungen bzw. -maßnahmen erzwungenen Verhaltenskodices ab.

MM: Was ist Ihr Wunsch für Ihre Freunde in Gaza?

Dr. Gabi Weber: Mein Wunsch nicht nur für die Freunde in Gaza, sondern für alle Palästinenserinnen und Palästinenser ist, dass sie ein Leben in Würde und Freiheit leben können. Dies würde ich mir natürlich für alle Menschen weltweit wünschen. Die israelische Besatzung muss endgültig beendet werden! International gültige Rechte müssen für alle gelten, nicht nur für eine "auserwählte" Minderheit. Politiker und andere Verantwortliche müssen ihre Doppelmoral in der Bewertung von Menschenrecht und Völkerrecht genauso wie das Einknicken vor den Lobbyisten aufgeben und sich für ECHTE Gerechtigkeit einsetzen. Freunde sind dazu da, den anderen von offensichtlichem, schwerem Fehlverhalten abzuhalten, nicht dieses falsche Verhalten mitzutragen und selbst zu übernehmen.

Da Politik und Wirtschaft nicht nur in der Palästinafrage seit Jahrzehnten erbärmlich versagen, dürfen wir als Zivilgesellschaft nicht länger warten. Wir dürfen nicht die Hände resigniert in den Schoß legen und darauf hoffen, dass irgendwann bessere Zeiten anbrechen. Jeder ist verantwortlich, jeder kann entsprechend seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten etwas tun. Gemeinsam können wir uns für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden einsetzen - TRUTH, JUSTICE AND PEACE!

MM: Frau Dr. Weber, wir danken für das Interview.

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